Es ist ratsam, sich in depressiven Zeiten unterstützen zu lassen – von einer Therapeutin welcher Art auch immer, von einer Yogalehrerin, einer Psychiaterin oder wem auch immer.
Während du das tust – oder während du darauf wartest, unterstützt zu werden, gibt es ein paar Möglichkeiten, wie du dir selbst dabei helfen kannst, dein Leiden zumindest zu lindern.
Ich stelle dir 10 Methoden der Selbsthilfe bei depressiven Verstimmungen vor, mit denen ich die besten Erfahrungen gemacht habe. Die ersten drei findest du hier und die nächsten drei hier:
Siebtens: Schreiben
Schreiben hilft, wie ich finde, eigentlich immer. Schreiben verbindet uns mit uns selbst, schafft Klarheit und lässt bislang verborgene Inhalte in unser Bewusstsein aufsteigen.
Morgenseiten sind beispielsweise eine fantastische Präventivmaßnahme in Bezug auf depressive Verstimmungen. Dazu mehr hier:
Wenn wir spüren, dass wir auf eine depressive Episode zugehen – und wenn wir uns lange genug selbst beobachtet haben, können wir das spüren – dann brauchen wir all unsere Kraft, um uns ihrem Sog entgegenzustemmen.
Schreibe eine Liste mit den Dingen, die dir Kraft geben.
Danach notiere, was dir Kraft raubt.
Nimm Dir nochmal die erste Liste vor:Wie oft tust/nutzt du das, was Dir Kraft gibt? Definitiv oft genug oder gerade mal ausreichend oft, zu selten oder viel zu selten? Schau dir dein Ergebnis genau an: Auf welche Ressource könntest Du wenigstens 10% öfter als bisher zugreifen? Wie könnte Dir das gelingen? Mache dir hierzu Notizen.
Schau Dir die Liste mit den Krafträubern an. Wie oft kommen sie in deinem Leben vor? Angemessen selten, manchmal, relativ häufig, zu häufig? Und wie könntest Du erreichen, das einzelne der Punkte wenigsten 10% seltener in deinem Leben auftauchen?
Wenn wir drepressiv sind, neigen wir zu selbstabwertenden Gedanken – diese Gedanken lassen uns eher los, wenn wir uns ihnen stellen, als wenn wir versuchen, sie zu verdrängen. Notiere alles, was in dir Scham auslöst. Notiere danach mindestens genauso viele Dinge, die dich stolz machen. Schau Dir das Ergebnis alle paar Monate an und notiere, was sich verändert.
Schreibe außerdem all das auf, was du nicht kannst. Und dann all das (und zwar genauso viel), worin du richtig gut bist. Passe auch diese Liste alle paar Monate deiner gegenwärtigen Situation an.
Achtens: Selbsthilfegruppen
Vernetze dich, on- oder offline oder sowohl als auch. So bekommst du viele Informationen über deine Krankheit, kannst endlich frei reden, wirst daran gehindert, deine Symptome zu verdrängen, erschließt dir neue Sichtweisen, kommst auf interessante Gedanken, fühlst dich aufgehoben, bist eine von vielen, hast endlich einen Lobby – denn wie alles haben auch Depressionen eine politische Dimension und es kann nicht schaden, sich gemeinsam für mehr Verständnis/Toleranz und für weniger krankmachende Strukturen einzusetzen.
In Berlin ist Sekis eine gute Anlaufstelle für diverse Selbsthilfgruppen.
Foren für depressive Menschen bietet unter anderem die deutsche Depressionshilfe an.
Ich mag den Blog der Autorin Kathrin Wessling sehr gern und auch sonnengrau.
Neuntens: Über Gefühle reden
Depressionen haben viel mit Schweigen zu tun. Über die dunklen Keller tief in uns, über die düsteren Kammern mit ihren lang schon verstaubten Gefäßen voll schalem Groll und uraltem Schmerz. Über die wilden Monster, die sich nachts von ihren Ketten reißen, um uns anzufallen. Über den schwarzen Hund, der uns stets auf dem Schoß sitzt oder auf der Brust.
Und wo wir schon dabei sind, zu schweigen, schweigen wir weiter. Über neue Wut und frische Angst. Über Unsicherheiten und Unzufriedenheiten. Füllen die kleinen, handlichen Gefühle lieber in die staubigen, sowieso schon übervollen Gefäße, in denen sie gemeinsam mit Geschichten aus vergangenen Jahren vor sich hin gären, statt zu sprechen. So wichtig sind wir ja auch gar nicht. Am Ende interessiert es eh keinen, wie es uns geht und sind unsere Gedanken eh immer Unfug und unsere Gefühle nicht berechtigt. Hat irgendwer in grauer Vorzeit mal gesagt und glauben wir immer noch. Und schweigen und bauen Distanz aus und fühlen uns verloren und einsam und wissen irgendwann gar nicht mehr, wo anfangen, weil alles, was irgendwie Nähe und Gefühl auslöst, bedrohlich wirkt.
Es ist gut, sich langsam aus dem Schweigen hervor in Kontakt hinein zu tasten. Um am Ende sogar ein paar Kettenmonster und staubige Gefäße zerreden zu können. Einen prima Übungsraum hierfür bieten Zwiegespräche.
Zentens: Therapien
Letztlich ist es immer sinnvoll, sich in psychotherapeutische Begleitung zu begeben. Es ist gut, sich selbst ernst zu nehmen und sich wichtig zu sein, sich den Luxus eines Raumes zu gönnen, fernab von Alltagslärm und Trubel, wo alles etwas langsamer vonstatten geht, so langsam, dass man direkt hinterherkommt, wo es still ist, so still, dass auch die ganz leisen Gefühle gehört werden können und die flüsternden zarten liebevollen und frohsinnigen Stimmlein endlich eine Chance haben gegen das Gekreische von Diktatoren und Hexen anzukommen.
Es ist gut, seine Monster einmal von der eigenen Brust zu nehmen und sie einer Therapeutin vor die Füße zu setzen, damit die ihnen freundlich über den Kopf streicht, bis sie ruhig und friedlich werden und man selbst eine Weile seine Ruhe hat.
Wenn du dich schwer depressiv fühlst, über Suizid nachdenkst oder aus anderen Gründen dringend Hilfe benöst, wende Dich bitte an die Telefonseelsorge unter 0800 / 111 0 111 oder 0800 / 111 0 222 (www.telefonseelsorge.de) oder an den Krisendienst deiner Gegend.